Sternstunden der Musik – Martha Argerich in Warschau
Ein Film von Holger Preuße & Philipp Quiring, ZDF/arte und C Major Entertainment, 43 min.Spätestens mit dem ersten Preis beim renommierten internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau 1965 erobert Martha Argerich die Klavierwelt. Ihr Sieg steht aber lange Zeit nicht fest. Einer ihrer ärgsten Konkurrenten ist Arthur Moreira Lima aus Brasilien. Nach drei Runden liegt er in Führung. Dann kommt das alles entscheidende Finale. Martha Argerich spielt Chopins erstes Klavierkonzert. Es ist die Geburtsstunde einer Legende.
Ein Zeitzeuge erinnert sich: „Hier war plötzlich eine in jeder Hinsicht künstlerisch befreite junge Frau, die uns ein neues Vorbild, Verständnis und Gefühl, eine neue Faszination und einen neuen Maßstab für die Welt der Musik von Chopin präsentierte.“ Sie spielt Akkordblöcke, Oktavkaskaden unter Vollgas, vollzieht Läufe und Sprünge, als würden die Finger durchdrehen. Die Kritiker nennen sie deshalb „Tiger“, „Panther“ oder „Die Löwin am Klavier“.
Der Weg zum Sieg von Martha Argerich ist aber kein glatter Durchmarsch. Drei lange Wochen wird um den begehrten Titel auf dem Pianisten-Olymp gerungen. Einer ihrer ärgsten Konkurrenten ist Arthur Moreira Lima aus Brasilien. Er hat sich auf den Wettbewerb vor-bereitet, „als würde ich an einer Olympiade teilnehmen, wie ein Athlet, der einen Rekord aufstellen wollte.“ Die Jury ist von seinem Spiel begeistert und setzt ihn in der ersten Runde auf Platz Eins.
Martha Argerich lässt sich davon nicht beeindrucken und steigert sich von Runde zu Runde. Vergessen scheinen all die privaten Probleme zu sein. Der Sorgerechtsstreit um ihre Tochter, die sie 1964 zur Welt brachte, ihr chaotischer Lebensstil, permanente Konzertabsagen, ihre Unzuverlässigkeit und eine zunehmende Lustlosigkeit am Klavierspiel spielen plötzlich keine Rolle mehr. „Sie dachte wahrscheinlich, ich spiele einfach, mal sehen, was passiert. Und dann verliebten sich alle in diesen wunderschönen argentinischen Leoparden, der aus einem mystischen Dschungel kam und alle verführte.“, so die Pianistin und Freundin Gabriela Montero.
Martha Argerich gewinnt die zweite und dritte Runde, aber noch liegt Arthur Moreira Lima in Führung. Alles kommt nun auf das Finale an. Martha Argerich spielt das erste Klavierkonzert von Frédéric Chopin. Es ist die Geburtsstunde einer Legende.
Nach fünfundvierzig Jahren kehrt Martha Argerich an den Ort ihres rauschenden Sieges zurück. In der Nationalphilharmonie in Warschau spielt sie erneut Chopins Klavierkonzert. „So brillant, präsent und frisch wie damals bei dem Wettbewerb. Das ist faszinierend nach wie vor.“, kommentiert die junge Pianistin Sophie Pacini.
Der Film zeigt Ausschnitte vom spannenden Tastenduell zwischen Martha Argerich und Arthur Moreira Lima und Martha Argerichs Interpretation von Chopins erstem Klavierkonzert in Warschau fünfundvierzig Jahre später. Enge Freunde von Martha Argerich wie der Dirigent Daniel Barenboim, die Pianistinnen Gabriela Montero und Sophie Pacini, der Geiger Gidon Kremer, ihr Konkurrent Arthur Moreira Lima, der polnische Starpianist Rafał Blechacz, der 2005 den ersten Preis des Chopin-Wettbewerbs gewonnen hat, sowie Zeitzeugen kommen zu Wort.